Im konkreten Fall eröffnete das Landesgericht mit Beschluss über das Vermögen eins gemeinnützigen Sportvereins das Konkursverfahren, nachdem über Jahre hinweg Gelder aus einer Bank ohne entsprechende Rechtsgrundlage an den Verein geflossen waren. Der Masseverwalter klagte daraufhin den langjährigen Steuerberater des Vereins auf Schadenersatz. Ihm wurde vorgeworfen, unrichtige Jahresabschlüsse erstellt und klare Hinweise auf finanzielle Unregelmäßigkeiten nicht hinterfragt zu haben. Zudem habe er es versäumt, die bereits eingetretene materielle Insolvenz des Vereins zu erkennen.
Der Steuerberater wandte ein, dass sein Auftrag auf die Finanzbuchhaltung und die Erstellung der Jahresabschlüsse beschränkt gewesen sei. Prüfende Tätigkeiten habe er nicht übernommen, und er sei berechtigt gewesen, sich auf die Richtigkeit der vom Vereinspräsidenten übermittelten Informationen zu verlassen. Zudem sei der Schaden ausschließlich durch das vorsätzliche Handeln des Vereinspräsidenten entstanden, weshalb ihm kein Mitverschulden anzulasten sei.
Der OGH folgte dieser Argumentation nicht. Zwar dürfe sich ein Steuerberater grundsätzlich auf die Angaben seines Mandanten stützen, jedoch nicht, wenn es erhebliche Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit gibt. Nach ständiger Rechtsprechung besteht für Steuerberater eine besondere Schutz-, Fürsorge- und Aufklärungspflicht, insbesondere bei langjährigen Mandaten. Ein Steuerberater muss nicht nur seine Klienten zur ordnungsgemäßen Belegführung anhalten, sondern auch Unregelmäßigkeiten kritisch hinterfragen und gegebenenfalls weitere Informationen einholen.
Das Gericht betonte zudem, dass sich ein Steuerberater nicht allein auf den Vertrauensgrundsatz berufen kann. § 1299 ABGB verpflichtet ihn dazu, die ihm überlassenen Unterlagen kritisch zu prüfen, wenn er berechtigte Zweifel an deren Richtigkeit haben muss. Auch aus dem Wirtschaftstreuhandberufsgesetz (WTBG) ergibt sich, dass Steuerberater bei Vorliegen von Verdachtsmomenten weitergehende Prüfungen vornehmen müssen.
Mit dieser Entscheidung unterstreicht der OGH, dass Steuerberater nicht nur für die korrekte Erstellung von Jahresabschlüssen verantwortlich sind, sondern unter bestimmten Umständen auch eine darüber hinausgehende Prüfpflicht haben. Wer klare Unregelmäßigkeiten übersieht oder ignoriert, muss mit einer möglichen Haftung rechnen.