Mit Inkrafttreten des EU-UmgrG am 1.8.23 wurde die Mobilitätsrichtlinie der EU (RL (EU) 2019/2121) nun auch verspätet umgesetzt. Ziel der Richtlinie ist es die Mobilität von Kapitalgesellschaften im Binnenmarkt auszuweiten. Während die verschiedenen grenzüberschreitenden Umgründungsarten (Spaltung, Sitzverlegung, Verschmelzung) nach Rsp des EuGH auf Grundlage der primärrechtlich verankerten Niederlassungsfreiheit seit langer Zeit als zulässig gelten, fehlt es an gesetzlichen Rahmenbedingungen. Vor allem im Hinblick auf das Verfahren bei der Umgründung einer Gesellschaft herrschte Rechtsunsicherheit. Mit der Mobilitäts-RL soll dieses Problem nun beseitigt werden.
Umgesetzt wird die RL in Österreich mit dem EU-UmgrG, dass alle drei genannten Umgründsarten (Umwandlung, Spaltung und Verschmelzung) regelt. Vom Anwendungsbereich sind grundsätzlich nur Kapitalgesellschaften umfasst.
Grenzüberschreitende Umwandlung
Mit dem Begriff der Umwandlung wird die Satzungssitzverlegung von Gesellschaften geregelt. Hierbei unterscheidet man zwischen der Hinaus- und Herein-Umwandlung. Während erstere Wegzugsfälle aus Österreich in das EU-Ausland normiert, behandelt zweitere Zuzugskonstellationen ins Inland. Das EU-UmgrG regelt im Wesentlichen das dazugehörige Verfahren.
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Hinaus-Umwandlung enthalten §§ 9-21 EU-UmgrG. Demnach ist folgendes Verfahren vorgesehen:
Umwandlungsplan: dieser ist vom Vorstand zu erstellen, der inhaltlich den Vorgaben des § 10 EU-UmgrG entsprechen muss.
Umwandlungsbericht: vom Vorstand zu erstellen (§ 11 EU-UmgrG)
Umwandlungsprüfung: ein unabhängiger Sachverständiger hat den Umwandlungsplan zu prüfen und einen Bericht für die Gesellschafter zu erstellen. Jedoch kann diese entfallen, wenn alle Gesellschafter schriftlich bzw in der Niederschrift zur Gesellschafterversammlung darauf verzichtet haben oder die Gesellschaft nur einen Gesellschafter hat. (§ 12 EU-UmgrG)
Prüfung durch den Aufsichtsrat: Auf Grundlage der vorher genannten Berichte hat der Aufsichtsrat ebenfalls die Umwandlung zu prüfen und einen Bericht zu erstatten. (§ 13 EU-UmgrG)
Information an Gesellschafter und Betriebsrat: hier spiegelt sich die Schutzfunktion, die das EU-UmgrG im Hinblick auf die Gesellschafter und Arbeitnehmer bei Umgründungen haben soll. (§ 14 EU-UmgrG)
Offenlegung: beim zuständigen Gericht spätestens einen Monat vor der Gesellschafterversammlung. (§ 15 EU-UmgrG)
Umwandlungsbeschluss (§ 16 EU-UmgrG): die Gesellschafterversammlung muss der Umwandlung zustimmen und beschließen die Satzung an das Recht des Zuzugsstaates anzupassen. Der Beschluss bedarf bei einer AG oder SE einer Mehrheit von mind. drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grund- oder Stammkapitals und bei der GmbH von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen. Gesellschaftern steht unter bestimmten Umständen ein Austrittsrecht gegen Barabfindung zu, falls sie gegen die Umwandlung sind. Auch Gläubiger haben einen Anspruch auf Sicherheitsleistung, die sie innerhalb von drei Monaten ab Bekanntmachung des Umwandlungsplans mit Klage geltend machen müssen.
Firmenbuchverfahren: der Vorstand hat schließlich die beabsichtigte Umwandlung im Firmenbuch anzumelden. Liegen die Eintragungsvoraussetzungen vor, ist die beabsichtigte Umwandlung einzutragen und eine Vorabbescheinigung auszustellen. Diese ist für die Anmeldung im Register des Zuzugsstaates notwendig. Erfolgt die Anmeldung im Zuzugsstaat, so hat das österreichische Gericht die Gesellschaft zu löschen. (§ 21 EU-UmgrG)
Missbrauchskontrolle: das EU-UmgrG führt auch eine Missbrauchskontrolle ein, wonach das Gericht ua zu prüfen hat, ob die Umwandlung zu missbräuchlichen oder betrügerischen Zwecken, die dazu führen oder führen sollen, sich Unionsrecht oder nationalem Recht zu entziehen oder es zu umgehen oder kriminellen Zwecken vorgenommen werden soll.
In der Konstellation der Herein-Umwandlung (§§ 22-25 EU-UmgrG) gilt Umgekehrtes. Während hierbei das Recht des Wegzugstaates maßgeblich für die einzelnen Verfahrensschritte ist, sind die österreichischen Gründungsvorschriften anzuwenden. Der Vorstand hat beim Firmenbuch die benötigten Dokumente inklusive der Vorabbescheinigung des Wegzugstaates vorzulegen. Es sind zudem die jeweiligen Gründungsvorschriften einzuhalten, damit es zu einer Eintragung kommen kann. Mit der Eintragung besteht die Gesellschaft in der neuen Rechtsform weiter.
Grenzüberschreitende Verschmelzung und Spaltung
Während die grenzüberschreitende Verschmelzung schon seit 2007 im EU-VerschG geregelt war und unverändert in den §§ 26-38 EU-UmgrG übernommen wurde, erfährt die grenzüberschreitende Spaltung zum ersten mal gesetzliche Rahmenbedingungen. Auch bei dieser wird zwischen Hinaus- und Herein-Spaltungen unterschieden, deren Regelungen weitgehend mit jenen der Umwandlungen übereinstimmen. Auch bei der Spaltung sind genannte Berichte und Prüfungen zu erstellen und die Vorschriften zum Schutz von Gesellschaftern (Barabfindungsrecht), Gläubigern und Arbeitnehmern zu beachten.
Insgesamt sollen durch die Umsetzung der Richtlinie die Möglichkeiten für Kapitalgesellschaften im Hinblick auf die Mobilität im EU- bzw. EWR-Raum erweitert werden und genannte Umgründungsarten einheitlich geregelt werden.